Hochdynamischer Antriebselemente-Prüfstand

 

Der Lehrstuhl verfügt über einen hochdynamischen Antriebselemente-Prüfstand mit dem es möglich ist, die Drehungleichförmigkeits-Charakteristik verschiedener Verbrennungsmotoren nachzuempfinden. Es handelt sich dabei um einen Verspannungsprüfstand, bei dem eine Antriebsmaschine über den Prüfling eine Abtriebsmaschine antreibt, die im Generatorbetrieb gefahren wird (elektromechanische Verspannung). Dem stationären Antriebsmoment kann dabei eine Drehungleichförmigkeit überlagert werden.

Elektrische Maschinen:

Als Antriebsmaschine kommt eine hochdynamische wassergekühlte Drehstrom-Asynchronmaschine zum Einsatz. Die Maschine wurde speziell für die Simulation von verbrennungsmotor-typischen Drehungleichförmigkeiten entwickelt. Sie zeichnet sich durch ein besonders geringes Rotorträgheitsmoment sowie ein großes Antriebsmoment aus, so dass sehr hohe Winkelbeschleunigungen erzielt werden können. Mit einer Leistung von 220 kW und einer Drehzahl von bis zu 9000 min-1 deckt sie den für viele PKW-Motoren üblichen Leistungs- und Drehzahl-Bereich ab.

Als Abtriebsmaschine kommt eine drehmomentstarke wassergekühlte Asynchronmaschine zum Einsatz. Mit einer Leistung von 200 kW und einem Drehmoment bis 610 Nm ist sie auf den Verspannungsbetrieb mit der Antriebsmaschine hin abgestimmt.

Tabelle 1: Technische Daten der eingesetzten Drehstrom-Asynchronmaschinen

EigenschaftenAntriebsmaschine DT 220-380 HdynBremsmaschine DT 200-400
Nenndrehmoment [Nm]380400
Nenndrehzahl [min-1]55404685
Max. Antriebsmoment [Nm]580580
Max. Drehzahl [min-1]90006060
Antriebs-/Bremsleistung (S1) [kW]220200
Max. Antriebs-/Bremsleistung [kW]380380
Rotorträgheitsmoment [kg⋅m2]0,10,3
Max. Winkelbeschleunigung [1/(min⋅s)]5800019000
Vier-Quadranten-Betriebmöglichmöglich
KühlungsartWasser (+Luft bei Bedarf)Wasser (+Luft bei Bedarf)

 

Drehungleichförmigkeit und Verbrennungsmotorensimulation:

Die Verbrennungs-Motor-Nachbildung mit ihren kurzzeitigen Momentenspitzen aus den Kolben-Arbeitshüben wird dadurch bewerkstelligt, dass die aus dem 4-Takt-Prozess entstehenden Motorordnungen entsprechend der Zylinderzahl durch mehrere drehzahlproportionale Sinusschwingungen im Umrichter überlagert und zum inneren Motormoment addiert werden. Somit kann die Charakteristik von 1- bis hin zu 8-Zylinder-Maschinen mit der hochdynamischen Antriebsmaschine nachempfunden werden.

Die dynamische Belastung des Prüflings kann aber auch über eine externe dynamische Sollwertvorgabe (z.B. beliebiger Kurvenverlauf in Form eines Spannungssignals) erfolgen. Somit kann ein Antriebselement anhand von Messdaten aus einem real vorliegenden Antriebssystem untersucht werden (z. B. Anregung durch die „gefilterte“ Drehungleichförmigkeit eines Zweimassenschwungrads).Zusätzlich ist es möglich, einer stationären Drehbewegung auch eine einzelne drehzahlunabhängige Sinusschwingung mit vorgebbarer Amplitude und Frequenz (>300 Hz) zu überlagern. Somit kann für einen Prüfling ein Frequenzgang bis in hohe Frequenz-Bereiche hinein unabhängig von dem stationär überlagerten Drehmoment ermittelt werden.

Messtechnik:

Zur hochauflösenden Drehwinkel-Messung kommen zwei Laservibrometer zum Einsatz, mit denen der ein- und ausgangsseitige Drehwinkel eines Antriebselements gemessen werden kann. Somit lassen sich sowohl das dynamische Übertragungsverhalten als auch die jeweilige Dämpfung eines Elements direkt messtechnisch bestimmen.

Die Torsionsmoment-Messung erfolgt mit zwei an- und abtriebsseitig angebrachten Zweibereichs-Drehmoment-Messflanschen (Messbereich 1 bis 200 Nm, Messbereich 2 bis 1000 Nm). Ein separater Messdatenerfassungs-PC ermöglicht die Verarbeitung von zehn hoch- und vier niederfrequenten Messkanälen.

Einsatzgebiete:

Mit dem Antriebselemente-Prüfstand können Antriebselemente unter dem speziellen Einfluss von Torsionsschwingungen auf ihr frequenzabhängiges Übertragungsverhalten hin untersucht werden. Im Gegensatz zu statischen Steifigkeits-Messungen können Untersuchungen unter realistischen Momenten- und Drehzahlbelastungen durchgeführt werden. Die vorhandene Messtechnik ermöglicht die Ermittlung des dynamischen Übertragungsverhaltens des Antriebselements, ebenso wie die Messung der dynamischen Steifigkeit, von Dämpfungsgrößen oder des Akustikverhaltens (z.B. Getrieberasseln).

Mögliche Untersuchungsobjekte:

  • Riementriebe, Kettentriebe, Steuertriebe
  • Drehsteife Kupplungen, drehweiche Kupplungen, Freiläufe
  • Torsionsschwingungsdämpfer, Zweimassen-Schwungräder
  • Nebenaggregate unter Torsionsschwingungsbelastung
  • Zahnradgetriebe, Hinterachsgetriebe
  • CVT-Getriebe, hydrodynamische Wandler
  • Tilger

 

Beispiele für bislang durchgeführte Untersuchungen:

  • Ermittlung der dynamischen Steifigkeit eines Kurbelwellen-Tilgers (bei 90°C und 6000 1/min)
  • Ermittlung des drehzahlabhängigen Übertragungsverhaltens eines Zweimassen-Schwungrads (ZMS) (siehe Bild)
  • Ermittlung des dynamischen Verhaltens eines hydraulischen Torsionsdämpfers bei 90°C unter stoßartiger Momentenbelastung (>400 Nm)
  • Lebensdaueruntersuchung einer torsionsschwingungsbelasteten Welle-Nabe-Verbindung eines PKW-Nebenaggregats
  • Ermittlung der dynamischen Steifigkeit eines Torsionsschwingungsdämpfers
  • Ermittlung des lastabhängigen Übertragungsverhaltens von Kettentrieben unter Drehschwingungsanregung
  • Untersuchung des dynamischen Verhaltens eines Steuertriebs
  • Untersuchung des dynamischen Verhaltens einer Sicherheitskupplung

 

Literatur:

  • Nicola, A.; Rosenberger, J.; Nemeth, G.; Sauer, B.: Verbrennungsmotoren hochdynamisch simuliert. Antriebselemente-Prüfstand zur Analyse von Drehschwingungsphänomenen, Zeitschrift „Antriebstechnik“, Heft 11/2004, Vereinigte Fachverlage Mainz.
  • Nicola, A.; Sauer, B.: Experimentelle Untersuchung des Dynamikverhaltens torsionselastischer Antriebselemente, Zeitschrift „Automobiltechnische Zeitschrift (ATZ)“, Heft 02/2006.