Optimierung von Antriebselementen

Optimierung von Antriebselementen mittels Finite Elemente & Mehrkörpersimulation:

Im Rahmen des Entwicklungsprozesses von modernen Produkten werden Dynamik- und Schwingungsphänomene – so genannte NVH-Phänomene (noise, vibration & harshness) – zu immer stärkeren und komplexeren Komfortkriterien. Insbesondere speziellere Probleme, wie z.B. reibungsinduzierte Schwingungen an Schnittstellen des Antriebsstrangs, sind in der Vorentwicklung allerdings nie vollständig vorhersehbar. Diese treten meist erst zu einem fortgeschrittenen Zeitpunkt der Produktentwicklung auf und aufgrund prozessbedingter Toleranzen bei Bauteilgeometrien und -eigenschaften oftmals nur zufällig. Hier kann aufbauend auf experimentellen Untersuchungen die Mehrköpersimulation (MKS) einen effizienten Beitrag zur Analyse und Vermeidung von NVH-Phänomenen und zur Qualitätsverbesserung am Gesamtprodukt leisten.

Parallel dazu bietet sich mit der Finite-Elemente-Methode (FEM) die Möglichkeit, Bauteile im Hinblick auf ihr dynamisches Verhalten zu optimieren, die im Betrieb einer Schwingungsanregung unterliegen.

Beispiel 1: Dynamiksimulation Kaltstartkreischen

Bei einer Motor-Getriebe-Kombination trat an einigen Neufahrzeugen im Leerlauf ein deutlich hörbares Kreischen auf, das nach Betätigung der Kupplung wieder verschwand. Das Geräusch ließ sich nicht ohne weiteres reproduzieren und trat auch nur bei einigen Fahrzeugen auf. Da niedrige Temperaturen das Phänomen begünstigten, wurde es als Kaltstartkreischen (engl. Cold-Start-Squeal) bezeichnet.

Untersuchungen ergaben, dass sich die Entstehung des Geräusches auf die Region eingrenzen ließ, in der das Ausrücklager auf die geschlitzte Kupplungsfeder gepresst wird. Die Vermutung lag nahe, dass die Federzungen an der Kontaktfläche zum Ausrücklager durch eine Reibanregung in Schwingungen versetzt werden.

Zur Analyse des Akustikproblems wurde ein dreidimensionales MKS-Modell der betreffenden Kupplungs-Lager-Einheit aufgebaut. Das System wurde stark vereinfacht, indem nur die unmittelbar beteiligten Bauteile und Wirkflächen berücksichtigt wurden. Die Einbausituation mit Systemein- und -ausgang wurde durch entsprechende Randbedingungen (Einspannungen, Drehfreiheitsgrade) und vereinfachte Massenträgheiten abgebildet.

Die Kupplungsfeder wurde als das zentrale schwingungsfähige Bauteil des vorliegenden Problems detaillierter hinsichtlich Geometrie, Massen- und Steifigkeitsverteilung abgebildet. Dies wurde durch die Modellierung der Feder als FE-Struktur und deren Einbindung als flexibler Körper in das Dynamik-Programm erreicht. Durch die Erzeugung von Schnittstellen-Punkten an der FE-Struktur wurde die Möglichkeit geschaffen, Kontaktnormal- und Reibkräfte aus dem MKS-Modell in die elastische Federstruktur einzubringen. Dabei wurde auch die Möglichkeit geschaffen, den toleranzbedingten axialen Schlag der Federzungen variabel einzustellen.

Mit den Simulationsrechnungen konnten mehrere für das Entstehen des Cold-Start-Squeal-Phänomens in Frage kommende Faktoren gezielt und sauber voneinander getrennt untersucht werden, was auf experimentellem Wege nicht möglich gewesen wäre. Als maßgebliche Einflussgrößen wurden das Lagerreibmoment und die im Kontakt zwischen Kupplungsfederzungen und Axiallager auftretenden Reibkräfte ermittelt. Letztere ergeben sich vor allem aus dem in den Kontakten wirkenden Reibwert, der vorhandenen Federzungenschlagverteilung sowie aus der axialen Vorspannkraft. Somit leistete die Dynamiksimulation einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis des vorliegenden Akustikproblems. Anhand der damit unternommenen Parameterstudie konnten gezielt konstruktive Maßnahmen zur Gestaltung der Kupplungs-Ausrücklager-Einheit abgeleitet werden, mit der das Problem des Kaltstartkreischens in Zukunft sicher vermieden werden kann.

Beispiel 2: FE-Optimierung Prüfstandspendel

Für eine Pulsorprüfeinrichtung zur Untersuchung von Dämpferelementen wurde ein Pendel hinsichtlich seines dynamischen Verhaltens konstruktiv optimiert. Das Pendel ist in einer Lagerstelle drehbar gelagert und wird im Betrieb über zwei Druckkräfte F1 und F2 dynamisch auf Biegung beansprucht.

Um hohe Prüffrequenzen (250 Hz) realisieren zu können, muss das Bauteil eine möglichst hohe Biege-Eigenfrequenz aufweisen. Mit dem ersten Entwurf (Pendel aus Vollmaterial) wurde dies nicht in ausreichendem Maße erreicht.

Durch Reduktion der Bauteilmasse bei gleichzeitiger Erhöhung der Biegesteifigkeit in der Beanspruchungsrichtung (U-Profil) wurde die Struktur des Pendels konstruktiv optimiert. Rechnerische Eigenfrequenz-Analysen mit FE belegten die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen.

Literatur:

  • Nicola, A.; Sauer, B.; Kirchner, E.; Köster, H.; Langer, F.: Modellgestützte Analyse des „Cold-Start-Squeal“-Phänomens von Kupplungen, Zeitschrift „Automobiltechnische Zeitschrift (ATZ)“, Heft 9/2005.